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Strategische Asset Allocation
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2. Problemstellung

Die moderne Portfoliotheorie hat ihre Wurzeln in der Mean- Variance Analyse
von Harry Markowitz. Das darin beschriebene Verhältnis zwischen der erwarteten
Rendite und des Risikos eines Portfolios hatte weitreichende Auswirkungen auf
das Portfolio- Management. Auch wenn man sich auch schon vor Markowitz`
Aufsatz der naiven Diversifikation bewusst war,2 lieferte er die mathematischen
Grundlagen, um zu zeigen, dass man durch geschickte Kombination
risikobehafteter Anlagen ein Portfolio erhalten kann, welches aufgrund des
Diversifikationseffekts bei nicht perfekt korrelierten Anlagen bei gleicher
Renditeerwartung ein niedrigeres Risiko aufweist.3

Dabei zeigte Markowitz in einer ein- Perioden Betrachtung auf, wie die
Investoren bei gegebenen Inputparametern ihr Vermögen auf verschiedene
Wertpapiere aufteilen sollten.
Im Folgenden wird ein theoretisches Modell auf der Grundlage von Markowitz
Arbeit kurz dargestellt um dann auf dessen Schwächen in der praktischen
Portfolioumsetzung einzugehen.

Angenommen ein Investor hat die Wahl zwischen einem risikolosen Wertpapier
und einem risikobehafteten Wertpapier, dann ist die Rendite des Portfolios RP,t+1:

Rendite Portfolio            (1)

Dabei bezeichnet α den Portfolioanteil des risikobehafteten Wertpapiers, R,t+1
bzw. Rf,t+1 sind die Renditen des risikobehafteten bzw. risikolosen Wertpapiers
vom Zeitpunkt t zum Zeitpunkt t+1.
Die erwartete Rendite dieses Portfolios beträgt dann

Erwartete Rendite Portfolio            (2)

mit der Varianz der erwarteten Portfoliorendite von

Varianz Portfoliorendite            (3)

Die Varianz ist dabei der Parameter, mit dem das Risiko einer Anlage gemessen
wird. Unter der Annahme eines risikoaversen Investors, der nach der
Maximierung seiner erwarteten Portfoliorendite unter gleichzeitiger Minimierung
der Varianz strebt, lässt sich das resultierende Maximierungsproblem
folgendermaßen darstellen:

Erwartungswertmaximierung            (4)

Dabei beschreibt der Parameter γ die Risikoaversionshöhe des Investors.
Gleichung (4) lässt sich umschreiben zu:

Erwartungswertmaximierung            (5)

Als Lösung für dieses Maximierungsproblem erhält man schließlich

Markowitz            (6)

Der Anteil des risikobehafteten Wertpapiers am Portfolio sollte also dessen
Überschussrendite oder Risikoprämie auf das risikolose Wertpapier dividiert
durch das Produkt der Varianz und des Risikoaversionsparameters entsprechen.
Dieser Ansatz lässt sich problemlos auf den Fall mit mehreren risikobehafteten
Anlagemöglichkeiten übertragen.4

Diese Anlagemöglichkeiten können im Rahmen der strategischen Asset
Allocation sowohl verschiedene Anlageklassen als auch im Rahmen der
taktischen Asset Allocation einzelne Wertpapiere darstellen. Bei mehreren
betrachteten riskanten Anlagen kann Gleichung (5) umformuliert werden zu:

Markowitz ; mehrere Anlagen            (7)

Dabei ist Rt+1 nun ein Vektor der riskanten Renditen mit N Elementen und αt ein
Vektor der Portfoliogewichte der riskanten Anlagen. ∑t bezeichnet die Varianz-
Kovarianz Matrix der riskanten Renditen, ζ einen Einservektor.
  ist nun der Vektor der Überschussrenditen auf den risikofreien
Zins, die Varianz der Portfoliorendite entspricht Varianz Portfoliorendite.
Als Lösung für obiges Maximierungsproblem erhält man:

Markowitz ; mehrere Anlagen            (8)

Wird dabei Vereinfachung durch Πt ersetzt, lässt sich Gleichung (8) weiter
vereinfachen zu:

Markowitz Ergebnis           (8`)

Die Risikoneigung des Investors ist in Gleichung (8`) nur durch den Skalar 1/ γ
enthalten. Das heißt, dass die Investoren nur Unterschiede hinsichtlich der
Gewichtung des risikobehafteten Teils innerhalb Portfolios aufweisen, nicht aber
in der Zusammenstellung dieses risikobehafteten Teils.5
Diese Zusammenstellung hängt lediglich von den Annahmen über die erwarteten
Renditen der einzelnen Anlagen bzw. Anlageklassen sowie deren Varianzen und
Kovarianzen ab.

Obwohl die (Standard-) Mean- Variance Analyse ein einperiodisches Modell
darstellt, lassen sich deren Aussagen gut auf mehrperiodische Modelle
übertragen. So ist es z.B. denkbar, im Rahmen der strategischen Asset Allocation
eine Mean- Variance Analyse durchzuführen um die einzelnen Zielgewichtungen
der verschiedenen Anlageklassen zu bestimmen. Im Rahmen der taktischen Asset
Allocation kann dann mit der Zielsetzung der Performancesteigerung eine
vorübergehende Abweichung von diesen Zielgewichtungen erfolgen.
Obwohl die Mean- Variance Analyse in der wissenschaftlichen Literatur eine
herausragende Stellung einnimmt und deren Grundaussagen uneingeschränkte
Akzeptanz finden, ist deren Einfluss auf die praktische Anwendung immer noch
begrenzt.
Dies liegt hauptsächlich an seiner Sensitivität gegenüber den getroffenen
Inputannahmen.6 Viele auf Basis plausibler Inputannahmen erhaltene
Portfoliogewichtungen sind aufgrund daraus resultierender extremer
Portfoliogewichte nicht mit den „intuitiven“ Portfoliovorstellungen der Investoren
vereinbar. Nach der Mean- Variance Analyse „optimierte“ Portfolios enthalten
häufig extreme Leerverkaufspositionen, welche oft auch aus rechtlichen und
institutionellen Gründen nicht umgesetzt werden können.7 Bereits aus kleinen
Verschiebungen in den Inputannahmen, die zusätzlich oft große
Schätzunsicherheiten beinhalten, können teilweise starke Verschiebungen der
Portfoliogewichte resultieren, die häufig ökonomisch nicht intuitiv und damit von
den Investoren schwer nachvollziehbar sind.8

Aufgrund der Unsicherheit über zukünftige Renditeverteilungen ist das zentrale
Problem der Mean- Variance Optimierung, dass der Grad der Fundiertheit des
mathematischen Optimierungsalgorithmus weitaus höher ist als der Grad der
Information in den Inputparameterschätzungen.
Michaud bezeichnet Investoren, die ihre Portfolios nach der Mean- Variance
Analyse optimieren, sogar etwas provokativ als „estimation- error maximizers“.9

Die Stabilität der zu schätzenden Inputparameter ist also der entscheidende
Grundstein in der Mean- Variance Optimierung. Je besser diese Abschätzung
gelingt, desto fundierter werden die daraus resultierenden optimalen Gewichte der
einzelnen Anlageinstrumente in der Portfolioallokation sein.

 

 

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[2] Die vor diesem Hintergrund getroffene Aussage „Don't put all your eggs in just one basket” ist
im angelsächsischen Raum schon sehr lange verbreitet.
[3] Vgl. Markowitz (1952).
[4] Vgl. u.a. Campbell/Viceira (2002), S.20.
[5] Vgl. Tobin (1958).
[6] Vgl. z.B. Drobetz (2002b), Kapitel 1 oder Michaud (1989).
[7] In der Praxis wird daher häufig eine zusätzliche Leerverkaufsrestriktion formuliert, die jedoch
die Probleme der Mean- Variance Optimierung bestenfalls mindern, aber nicht lösen kann.
[8] Vgl. Best/Grauer (1991).
[9] Vgl. Michaud (1989), S.33.

 
   
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