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Strategische Asset Allocation
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4.4.5 Evaluation der Modellergebnisse

Die in den letzten Abschnitten dargestellten Modellergebnisse für die
durchschnittlichen ex- ante Risikoprämien über verschiedene Zeiträume liegen
deutlich unter den in den jeweiligen Zeiträumen beobachteten ex- post
Risikoprämien. Besonders auffällig sind dabei die während des jüngsten
Bullenmarktes Ende der 1990er Jahre niedrigen ex- ante Risikoprämien im
Vergleich zu den hohen historisch realisierten Risikoprämien. Dabei sei an die in
Abschnitt 4.2.3 propagierten Gründe für hohe historische Risikoprämien im
Vergleich mit niedrigen ex- ante Risikoprämien erinnert. Nach den Punkten (1)
und (2) der Varianzdekomposition von Campbell sind die historischen Renditen
und Risikoprämien hoch, wenn die ex- ante erwarteten Renditen und
Risikoprämien gesunken sind.
Um dies zu verdeutlichen, wird nochmals Gleichung (25) aus dem DDM
betrachtet:

Aktienpreis           (25)

bzw. als Approximation

Aktienpreis              (27)

Dabei werden als Beispiel nun folgende Annahmen getroffen: Die langfristige
Wachstumsrate der Dividenden G des Dow Jones beträgt real 3% und die
erwartete reale ex- ante Rendite der Investoren 4,4%. Betragen die aggregierten
(indexierten) Dividendenausschüttungen 140, ergibt sich folgende Höhe des Dow
Jones Indexes:124

Indexpunkte Dow Jones           (27`)

und damit ungefähr der Höhe des Dow Jones Industrial Average (DJIA) im
September 2004. Reduziert man nun die nun die ex- ante geforderte Rendite der
Investoren auf 3,4%, impliziert dies einen Indexstand von

Indexpunkte Dow Jones           (27``)

Punkten und würde damit zu einer deutlichen Erhöhung der ex- post realisierten
Renditen führen. Abbildung 6 stellt diesen Zusammenhang grafisch dar.

Abbildung 6: Verschiedene Höhen des Dow Jones Index bei variablen Renditeerwartungen

Verschiedene Höhen des Dow Jones Index bei variablen Renditeerwartungen


Mit Ausnahme der Studie von Gebhardt, Lee und Swaminathan sind dann auch
die durchschnittlichen ex- ante Risikoprämien durchgängig höher als die zum
jeweiligen Zeitpunkt ihrer Studie vorausschauenden ex- ante Risikoprämien, d.h.
die ex- ante Risikoprämien liegen unter ihrem mittel- bis langfristigen
Durchschnitt und sind somit tendenziell gesunken.125

Die ex- ante gesunkenen erwarteten Renditen (und damit Risikoprämien) waren
also ein Grund für die hohen ex- post Renditen in der zweiten Hälfte des
vergangenen Jahrhunderts und insbesondere für den Börsenboom der 1990er
Jahre. Glassman und Hasset argumentierten kurz vor der Spitze des Börsenbooms
im Jahre 1999, dass Aktien aufgrund weiter sinkender ex- ante geforderter
Renditen und Risikoprämien immer noch unterbewertet seien; demnach hätten
sich Aktien historisch auf lange Sicht immer als vorteilhaft gegenüber sicheren
Anlageformen erwiesen, und sind somit als weniger risikobehaftet anzusehen,
womit ein weiteres Absinken der Risikoprämie - und damit eine auf kurze Sicht
hohe Rendite - gerechtfertigt wäre.126 Anhand dieser Argumentation berechnen
sie einen „fairen“ Wert des Dow Jones Index von 36000 Punkten.

Welche weiteren Gründe könnte es dabei für ein Absinken der Risikoprämie
während der 2ten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts und den damit
verbundenen hohen ex- post Renditen gegeben haben?
Ein Grund ist sicherlich das verringerte ökonomische Risiko. Die Länder mit den
heute größten Kapitalmärkten wie die USA, Japan, Großbritannien oder auch
Deutschland hatten während der 2ten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts einen
in der Geschichte nie zuvor gesehenen wirtschaftlichen Aufschwung zu
verzeichnen, der nahezu ohne größere Einbrüche verlief. Das
Wirtschaftswachstum der westlichen Volkswirtschaften wurde zunehmend
„berechenbar“ und weniger anfällig für starke gesamtwirtschaftliche Einbrüche
wie z.B. während der Weltwirtschaftskrise der späten 1920er und 1930er Jahre
sowie dem darauf folgenden Zweiten Weltkrieg.

Einen weiteren Grund stellen bessere Diversifikationsmöglichkeiten seitens der
Investoren dar. So ist es heute aufgrund der zunehmenden Internationalisierung
der Kapitalmärkte auch für Privatanleger kein Problem mehr, ihr Portfolio
international zu diversifizieren und damit das in Kapitel 2 vorgestellte Risiko-
Rendite Profil ihres Portfolios durch zunehmende Diversifikationsmöglichkeiten
zu verbessern. Des weiteren führten gesunkene Transaktionskosten zu einer
höheren tatsächlich realisierten Rendite der Investoren.127

Auch haben die Investoren wohl Rückschlüsse aus den historisch hohen Renditen
auf dem Aktienmarkt gezogen. Scheinbar immerwährende Haussen auf den
Aktienmärkten ließen das Verlustrisiko - zumindest auf lange Sicht - minimal
erscheinen. Immer mehr Investoren investierten in die „sicheren“ Aktienmärkte,
mit dem Effekt, die ex- post Risikoprämie zu steigern - und damit die ex- ante
Risikoprämie zu verringern.

Neben der einmaligen Neubewertung der Aktieninvestments und der damit hohen
ex- post Rendite von Aktien trieb eine unerwartet tiefe reale Rendite von
festverzinslichen Anlagen die Höhe der ex- post Risikoprämie nach oben.128
Während der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts war die ex- ante erwartete
Inflation - zumindest in den durch den Goldstandard „geschützten“ USA - gleich
Null. Nach der Aufgabe des Goldstandards während der großen Depression in den
1930er Jahren und dem wirtschaftlichen Aufschwung der westlichen
Industriestaaten nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die erwartete Inflation ein
normaler Teil in der Bewertung von Anleihen. Dieser Wechsel in der
Inflationserwartung erzeugte einen einmaligen „Schock“ für Anleihen, deren
nominale Zinsen stiegen während die realen realisierten Renditen fielen.129 Auch
war wohl die Höhe der Inflation in den 1970er Jahren ex- ante nicht erwartet
worden - der Realzins war unerwartet niedrig, die ex- post Risikoprämie folglich
unerwartet hoch.

 

 

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  [124] Zahlenbeispiel aus Dimson/Marsh/Staunton (2002), S.177-178.
[125] Dabei ist anzumerken, dass Gebhardt, Lee und Swaminathan diese vorausschauende
Risikoprämie schon 1995, also noch vor dem großen Bullenmarkt der späten 1990er Jahre
bestimmen und ihr Untersuchungszeitraum lediglich von 1979 bis 1995 reicht.
[126] Vgl. Glassman/Hasset (1999).
[127] So quantifiziert Siegel (2001), S.33 in Leibowitz u.a. (2001) die Höhe der Transaktionskosten
im Jahre 1975 auf über 1 % für eine Transaktion. Durch den Siegeszug des Internets ist es heute
auch privaten Investoren möglich, Transaktionskosten von unter 0,2 % für eine Transaktion zu
realisieren (so kostet heute z.B. eine Transaktion bei der comdirect bank über 5000 Euro noch 9
Euro (=0,18 %)). Die Kosten für institutionelle Anleger und größere Anlagevolumina dürften
noch deutlich unterhalb dieses Wertes liegen.
[128] Dies ist konsistent mit Punkt (4) der Varianzdekomposition von Campell (1991).
[129] Vgl. Arnott/Bernstein (2002), S.67
 
   
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